Weihnachtsmärchen
Weihnachtsmärchen für Kindergartenkinder
„Mama? Wann backen wir Plätzchen?“ Majas Mama Conny hatte die Fünfjährige mit den pfiffigen kurzen Haaren gerade vom Kindergarten abgeholt. „Ach Maja“, seufzte Conny, „ich weiß gar nicht, wann ich das alles schaffen soll.“ Müde streichelte sie Maja über die Wange und drückte sie an sich. „Seit Papa im Krankenhaus liegt, komme ich irgendwie zu gar nichts mehr.“ Als Maja ihre Mama ansah, bekam sie einen dicken Kloß im Hals. Jetzt bloß nicht weinen, dachte sie. „Wir kaufen heute einfach welche, ist ja nicht so wichtig – ok Mama?“ Als Antwort drückte Conny Maja einen dicken Kuss auf die erhitzten Wangen.
Als der Nikolaustag verstrichen war, wurde Maja langsam ungeduldig. Wenn Mama von der Arbeit nach Hause kam, hatte sie kaum Zeit. Entweder sie kümmerte sich noch um den Haushalt oder um die Sorgen von Majas älterer Schwester. Und dann war sie ständig im Krankenhaus. Überhaupt Lotta. Die knallte Maja in letzter Zeit immer die Tür vor der Nase zu. Dabei war die Vorweihnachtszeit immer so schön gewesen. Abends hatten alle in der kleinen Küche gesessen und bei Kerzenschein einer Weihnachtsgeschichte von Papa gelauscht. Dazu gab es heißen Punsch und selbstgebackene Kekse. Irgendwie war in diesem Jahr alles anders.
Maja hatte darüber schon mit Fredi gesprochen. Fredi lebte in der Wohnung über Maya und war ihr allerbester Freund. Gestern hatten sie sich auf Mamas Sofa in die kuschlige Wolldecke gewickelt und einen Plan geschmiedet. Schließlich konnte das so nicht weiter gehen. „Wir schaffen das allein“ hatte Fredi gesagt. „Wir brauchen doch nur den Teig mischen, die Plätzchen ausstechen und backen. Das habe ich schon ganz oft mit meiner Mama gemacht.“ Maja war begeistert. „Aber Schokoladenkekse müssen wir auch backen“, rief sie aufgeregt. „Klar doch und Haselnussplätzchen! Wir sind ja schließlich keine Babys mehr“ sagte Fredi in tiefem Tonfall. Beide sahen sich verschwörerisch an – alles sollte eine große Überraschung werden. Also stürmte Maja in Lottas Zimmer und wollte sie um Hilfe bitten. Lotta lümmelte auf ihrem Bett, hörte laut Musik und lackierte sich die Fingernägel. „Was willst du denn schon wieder, du Zwerg“ maulte sie. Da war nichts zu machen – diese Laune kannte Maja. Betrübt schlich sie sich aus dem Zimmer.
„In der Weihnachtsbäckerei…“ summte Maja. Sie zupfte sich am Ohrläppchen und lachte – das das waren doch alle Zutaten, die sie brauchten! Und so türmten sich am Nachmittag Zucker, Mehl, Eier und Butter vor Fredi und Maja auf. Einfach toll, dass ihre Mütter alles Notwendige in ihren Vorratsschränken verstaut hatten. Wie jeden Samstagmittag war Majas Mama im Krankenhaus und hatte die beiden Mädchen zu Hause gelassen. Das war DIE Gelegenheit. Fredi holte eine große Plastikschüssel und Maja kippte alles zusammen hinein. Dass es dabei mächtig stiebte und sie ganz mit weißem Mehlstaub bedeckt war, bemerkte sie in der ganzen Aufregung gar nicht. Nach dem Kneten des Teiges waren die beiden schon mächtig geschafft. Nachdem sie nochmal alle Schränke durchsucht hatten, fanden sie auch endlich die schönen Ausstechformen. Fredi gefiel der Sternenschweif am besten und Maja nahm sich das große Herz. Den Ofen auf volle Temperatur zu stellen und dann die ausgestochenen Plätzchen auf das Blech zu legen, fand Fredi ziemlich einfach. „Maja – wollen wir solange die Plätzchen backen, noch fernsehen?“ fragte er. „Gute Idee, das ist doch langweilig, so lange zu warten“ meinte Maja dazu. Dass die neue Comicserie so spannend sein würde, hatten sie nicht erwartet…
Erst als es an der Tür Sturm klingelte, bemerkten Fredi und Maja, dass die Wohnung total verqualmt war. Voller Panik rissen sie die Wohnungstür auf. Vor ihnen stand der grimmige Herr Bratfisch, vor dem sich insgeheim alle Kinder der Gegend fürchteten. Er stürmte in die Küche und brüllte: „Seid ihr denn wahnsinnig geworden?“ Er holte das Blech aus dem Herd und pfefferte es mit lautem Knall in die Spüle. Die Plätzchen jedenfalls waren zu einer schwarzen Masse verbrannt. Herr Bratfisch stemmte die Arme in die Hüften und holte tief Luft. Schreckensbleich warteten Fredi und Maja auf den Wutausbruch des Nachbarn mit dem gewaltigen Bauch. Herr Bratfisch hob seine riesigen Hände und – legte seinen Kopf hinein. „Oh Mann – hier sieht es ja aus!“ schnaufte er. Plötzlich stand auch noch Lotta in der Tür: „WAS IST DENN HIER LOS?“. „Das frage ich dich – mein schönes Frollein“ grollte Herr Bratfisch. „Du kannst doch die Zwerge nicht allein Plätzchen backen lassen!“
Dass Fredi und Maja protestierten und erzählten, dass doch alles eine Weihnachtsüberraschung werden sollte, ließ er nicht gelten. Ratlos zuckte Lotta die Schultern und fing an zu weinen. „Ach Mädelchen…“ versuchte Herr Bratfisch sie zu trösten, „wir haben doch alle mal Unsinn angestellt. Ich mache euch jetzt mal einen Vorschlag: Lotta – du musst jetzt gleich noch mal einkaufen gehen. Wir backen jetzt zusammen Weihnachtsplätzchen – ich habe nämlich mal als Konditor gearbeitet. Und wir drei“, dabei funkelte er die unglücklichen Fernseheulen an, „machen erst mal klar Schiff – verstanden!“ Verstohlen blinzelte Maja Fredi zu. Der war ja vielleicht gar nicht so zum Fürchten, wie alle dachten.
Als Lotta wieder zurück war, blitzte die Küche und die Wohnung war ausgelüftet. Unter Herrn Bratfischs kräftigen Händen war schnell eine große Schüssel Teig gezaubert. Sie waren sie so geschäftig am Wirbeln und Schwatzen, dass sie gar nicht bemerkten, dass Conny nach Hause gekommen war. „Herr Bratfisch..“ staunte sie. „Äh ja Mama – wir wollten dir eine Freude machen und haben uns Verstärkung geholt“ sprang Lotta schnell ein. Verlegen reichte Herr Bratfisch Conny die Hand. „Ich wollte sowieso gerade gehen.“ „Sie bleiben schön hier. Kinder – ich habe heute mit Papa darüber gesprochen, dass wir in diesem Jahr die schöne Adventszeit gar nicht feiern. Darüber war er ganz traurig und er hat recht, das müssen wir ändern!“ Jetzt fing Lotta schon wieder an zu weinen anstatt Wasser für Kaffee und Punsch aufzusetzen. Fredi durfte eine Kerze anzünden und Herr Bratfisch erzählte eine Geschichte aus seiner Kindheit. Lotta nahm Maja ganz fest in den Arm: „Findest du nicht, dass Mama seit langem mal wieder lächelt? Weihnachten ist so schön, wenn wir alle füreinander da sind.“
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